historisches
Ilse Thiele, Vorsitzende des DFD, bei der Festansprache auf der Festveranstaltung des DFD-Bundesvorstandes 1960 in Berlin.
100 Jahre Frauenwahlrecht
Rede der Gleichstellungsbeauftragten Michaela Fahner anlässlich des Internationalen Frauentages 2018
Der Internationale Frauentag ist 2018 mit einem besonderen Datum verknüpft, denn vor 100 Jahren bekamen Frauen in Deutschland das Recht, zur Wahl zu gehen. Im November 1918 wurde das Wahlrecht beschlossen und im Januar 1919 konnten zum ersten Mal Frauen in Deutschland in die verfassungsgebende Nationalversammlung gewählt werden. Die Wahlbeteiligung der Frauen lag damals bei 82% und von den 423 gewählten Abgeordneten waren 37 weiblich, das entspricht einem Frauenanteil von weniger als 9%. Das hört sich nach nur wenigen Frauen an, aber es ist ein ähnlich hoher Frauenanteil erst wieder 1983, im 10. Bundestag, erreicht worden. Für das Recht zu wählen, das aus heutiger Sicht völlig selbstverständlich ist, haben Generationen von Frauen gekämpft, denn der Widerstand der Gegner war immens. Es gab enorme Vorurteile von Männern und auch von Frauen. Es wurde zum Beispiel argumentiert, Frauen könnten aufgrund einer verminderten Intelligenz nicht wählen und außerdem hätten sie durch ihre Gebärfähigkeit eine „natürliche“ Bestimmung für den privaten Bereich und der habe mit Politik nichts zu tun.
Wenn wir diese Vorurteile lesen, dann können wir uns fragen„Und wie ist es heute?“. Sind solche Einstellungen tatsächlich aus den Köpfen raus? Aktuell wird von einigen der Versuch gestartet, ein vergleichbar antiquiertes Frauenbild wieder salonfähig zu machen. Das beweist wieder einmal mehr, dass Gleichstellung nicht von allein passiert. Im Gegenteil erleben wir immer wieder, dass sicher geglaubte Fortschritte in Frage gestellt werden.
Aber noch mal zurück zur Frage „Wie war das vor 100 Jahren?“.
Als erste Frau in der Weimarer Nationalversammlung sprach am 19. Februar 1919 die Sozialdemokratin Marie Juchacz aus Berlin. Sie stammte aus kleinsten Verhältnissen, war alleinerziehende Mutter und musste ihre zwei Kinder mit Näharbeiten durchbringen. Es ist daher nicht verwunderlich, wo Marie Juchacz den Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit sah, nämlich in der gesamten Sozialpolitik, im Mutterschutz und der Kinderfürsorge. In ihrer ersten Rede in der Nationalversammlung sagte sie: „Ich möchte hier feststellen …, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“
Ich glaube, da hat sie vielen Frauen aus dem Herzen gesprochen.
Marie-Juchacz-Plakette
Jetzt mal zu Bergisch Gladbach, was war denn hier los vor 100 Jahren?
1919 wurden auch hier die ersten weiblichen Stadtverordneten gewählt. Das waren 4 Frauen: Christine Fröhlingsdorf, Pauline Kurth, Aloysia Raabe in Bergisch Gladbach und Elisabeth Brill in Bensberg.
Leider gibt es keine Fotos von den Frauen in unserem Archiv, sonst wäre heute eine gute Gelegenheit gewesen, sie zu zeigen.
Christine Fröhlingsdorf war eine Fabrikarbeiterin. Sie war als Stadtverordnete in der Gesundheitskommission und im Ernährungsausschuss tätig. Da Christine Fröhlingsdorf mit „Fräulein*“ tituliert wurde, ist klar: Sie muss ledig gewesen sein.
*Viele von Ihnen kennen die Anrede „Fräulein“ aus eigener Erfahrung, denn erst 1972 wurde das Fräulein (mit einer Erklärung des Bundesinnenministeriums) aus dem offiziellen Wortschatz gestrichen, ist noch gar nicht so lange her. Ich selbst bin da so gerade drum herum gekommen.
Pauline Kurth, eine Hausfrau aus Bergisch Gladbach, wurde in die Armenverwaltung gewählt und in die Kommission zur Prüfung der Stadtkassenrechnungen.
Elisabeth Brill, die einzige Frau, die in Bensberg gewählt wurde, war im Ernährungsausschuss tätig.
Aloysia Raabe war Lehrerin und Vorsitzende des katholischen Frauenbundes. Sie muss eine enorm engagierte Frau gewesen sein, denn als Stadtverordnete war sie in ganz vielen Ausschüssen und Kommissionen tätig, unter anderem auch für die Baukommission, was ich beeindruckend fand, denn auch damals war das ein ungewöhnlicher Bereich für eine Frau.
Aber jetzt kommt’s: Bei der Wahl zu einer neu eingerichteten Beigeordnetenstelle wurde Frau Raabe mit Mehrheit gewählt, und das 1922! 1922, da hatte die Stadt Bergisch Gladbach eine weibliche Beigeordnete! Ich finde, das ist eine Kandidatin für eine Straßenbenennung, das sollte doch mal geprüft werden.
Wie schwer der Weg der Frauen war, macht auch Walborg Schröder in ihrem Beitrag zur Geschichte des Frauentages in Bergisch Gladbach deutlich, aus dem ich einige Passagen zitieren möchte.
„Ein weiteres wichtiges Datum für Frauen ist das Jahr 1948. Da wurde der Parlamentarische Rat einberufen, um der neu zu gründenden Bundesrepublik eine Verfassung zu geben. Unter den 65 Abgeordneten waren 4 Frauen: Dr. Elisabeth Selbert, (SPD), Friederike Nadig (SPD), Dr. Helene Weber (CDU) und Helene Wessel, (Zentrumspartei). Viele Frauen kennen sie unter dem Begriff „Mütter des Grundgesetze“. Insbesondere dem Einsatz von Elisabeth Selbert und einem eindrucksvollen Protest von vielen, vielen Frauen war es zu verdanken, dass 1949 in unser Grundgesetz der wichtige Satz „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ aufgenommen wurde.
Aber, dass muss auch gesagt werden, die Gleichberechtigung im alltäglichen Leben der Frauen war damit noch lange nicht erreicht. Erst seit 1958 war es Frauen erlaubt, ein eigenes Bankkonto zu führen und das Vermögen, das sie mit in die Ehe eingebracht haben, selbst zu verwalten. Noch viel später, erst seit 1977, brauchten verheiratete Frauen nicht mehr die Einwilligung ihrer Ehemänner, wenn sie erwerbstätig werden wollten. Auch das Problem der ungleichen Bezahlung zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bundesrepublik. 1955 hat das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ verfügt. Aber sie wissen es alle, die Realität sieht bis heute anders aus.
Mitte der 90er Jahre (1994) wurde der Artikel „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ ergänzt um den Satz: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Dieser Zusatz war wiederum enorm wichtig, denn damit hat der Gesetzgeber den wirklich unmissverständlichen Auftrag, überall dort, wo Frauen benachteiligt werden, tätig zu werden. Deutlicher als mit diesem Satz kann das nicht ausgedrückt werden, darum erstaunt und entsetzt es mich auch immer wieder, dass sich das Argument „Es darf keine Frauenförderung geben, weil dann Männer benachteiligt werden.“ hartnäckig hält. Frauenförderung ist in unserem Grundgesetz verankert, und die darf es nicht nur geben, sondern die muss es sogar geben, um Benachteiligungen in den Griff zu bekommen.“
Wie sieht die Realität von Frauen heute aus?
Trotz zahlreicher rechtlicher und politischer Aktivitäten bestehen bis heute zahlreiche Ungleichheiten. Frauen verdienen weniger als Männer, viele Frauen arbeiten in Teilzeit (wir wissen alle, dass damit eine eigenständige Existenzsicherung nicht möglich ist, schon gar nicht im Rentenalter), sie sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert und sie leisten nach wie vor den Hauptanteil der Pflege- und Erziehungsarbeit.
Die Benachteiligung spiegelt sich auch auf politischer Ebene wieder. Zum Beispiel in der Besetzung des aktuellen Bundestages. Wir haben aktuell einen Frauenanteil im Bundestag von knapp 31%. Das heißt, es sitzen doppelt so viele Männer im Bundestag wie Frauen. Im vorangegangenen Bundestag waren es noch 36,5%. Einen so starken Abfall des Frauenanteils hat es bisher noch nicht gegeben. Das ist beschämend.
Nur bei SPD, Grünen und Linken liegt der Frauenanteil unter den Abgeordneten über 40 %. Die SPD kommt auf 42 Prozent, die Linken auf 54 Prozent und die Grünen sogar auf 58 Prozent. Das sind im Übrigen die Parteien, die eine Quote haben.
Silke Laskowski, sie ist Juristin und Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Kassel, sagt zu dem geringen Frauenanteil im Bundestag Folgendes: „Wir haben hier kein individuelles Problem einzelner Frauen, sondern die Strukturen der Parteien und der Politik sind (…) dafür verantwortlich.“ Sie betont, dass diese “althergebrachten Strukturen” Frauen teilweise gnadenlos ausbremsen. Und sie sagt weiter, dass dies besonders auf kommunaler Ebene passiert. Denn dort auf kommunaler Ebene seien die Zahlen noch beängstigender als im Bund: Nur 8,2 Prozent der Oberbürgermeister sind Frauen, und in den Stadt- und Gemeinderäten liegt der Frauenanteil durchschnittlich nicht einmal bei einem Viertel.
Bei uns in Bergisch Gladbach liegt der Frauenanteil im Rat bei knapp 33%. Nicht wirklich viel besser als auf Bundesebene. Bei uns kommen die beiden großen Parteien CDU und SPD gar nicht gut weg mit rund 27% und 31%. Bei den Grünen und der FDP sind Frauen mit über 60 % vertreten, Bei den Linken ist eins von drei Ratsmitgliedern weiblich und bei der mitterechts/LKR, die mit drei Vertretern im Rat sind, gibt es keine Frau.
Vielleicht fragen Sie sich: „Würde sich etwas ändern, wenn Frauen mit 50% im Bundestag oder im Rat vertreten wären, also entsprechend ihrem Anteil in der Bevölkerung?“. Ich bin sicher, sowohl die Themen als auch die Schwerpunkte und der Einsatz der Finanzen sähen deutlich anders ausals heute.
Abschließend bleibt festzustellen: Die Gleichberechtigung bleibt weiter ein ebenso schwieriges wie wichtiges Ziel. Das liegt vor allem daran, dass die Einstellung zur Gleichstellung im Kopf beginnt. In den Köpfen entstehen Bilder und Bewertungen, die uns vorgeben, was im Umgang miteinander normal ist, welche Verhaltensweisen und Regeln zu dulden sind und welche nicht, und auch welche Ziele in unserer Gesellschaft erstrebenswert sind.
Darum ist es auch ein so mühsamer Weg, nachhaltige Veränderungen zu erzielen. Lassen sie uns weiterhin gemeinsam daran arbeiten.
Michaela Fahner,
Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bergisch Gladbach von 1989 – 2019
Seit 1911 Frauentag in Deutschland, seit 1971 in Bergisch Gladbach
Die ersten Impulse für den Frauentag sind allerdings noch älter, denn schon 1858 protestieren Textilarbeiterinnen in New York für bessere Arbeitsbedingungen und für gleiche Löhne.
In den Jahren 1909 und 1910 organisieren 20.000 Hemdblusennäherinnen den ersten Generalstreik von Frauen, der in New York und in Philadelphia stattfindet.
Fast zeitgleich gibt es in Europa (1910 in Kopenhagen) die erste internationale Frauenkonferenz. Der Tagesordnung dieser Konferenz sind drei Themen zu entnehmen: Es geht darum, das Wahlrecht für Frauen zu fordern, um das Thema soziale Fürsorge für Mütter und Kinder und um den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit von Frauen.
Clara Zetkin – einflussreiche Redakteurin
100 Frauen aus 17 Nationen beschließen, künftig einen Frauentag mit internationalem Charakter zu veranstalten, und das in jedem Jahr. Clara Zetkin ist eine der maßgeblichen Frauen der Frauenbewegung vor 100 Jahren, möglicherweise auch deshalb, weil sie eine einflussreiche Position als leitende Redakteurin der Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“ hat. Rund 45.000 Teilnehmerinnen gehen alleine in Berlin auf die Straße. Insgesamt sind mehr als eine Millionen Frauen in Deutschland dabei, um ihr Recht auf politische Beteiligung einzufordern. Auf all diesen Veranstaltungen wird eine Resolution verabschiedet, in der unter anderem zu lesen ist:
„Zehn Millionen Frauen, die im gesellschaftlichen Produktionsprozess tätig sind, die Millionen Frauen, die als Mütter Gesundheit und Leben aufs Spiel setzen, die als Hausfrauen die schwersten Pflichten übernehmen, erheben mit allem Nachdruck Anspruch auf soziale und politische Gleichberechtigung.“
Clara Zetkin (1857-1933)
Alice Schwarzer
Schwere Zeiten für den Frauentag in Deutschland
Während des ersten Weltkrieges wird es ruhig um den Frauentag in Deutschland. Geplante Frauenversammlungen können aufgrund der Kriegsverhältnisse nicht stattfinden. Zu Beginn der 30er Jahre lebt der Frauentag zunächst wieder auf, wird aber während des Faschismus verboten. In dieser Zeit wird der Muttertag zum Inbegriff der Frauenideologie. Ab 1947 ist der Frauentag geprägt durch das Engagement der Frauen gegen Wettrüsten und für Völkerverständigung.
In den fünfziger und sechziger Jahren wird es wieder ruhig um den Frauentag. Wiederaufbau und Wirtschaftswunder sind die Themen, die in dieser Zeit im Fokus stehen. In den 70er Jahren gewinnt der Frauentag durch die neue Frauenbewegung wieder an Bedeutung. Die Lebenswelt der Frauen ist immer noch gekennzeichnet durch ungleiche Lebensverhältnisse. Immer mehr Frauen verstehen, dass die ihnen zugewiesenen Rechte und die ihnen zugewiesene Rolle veränderbar sind. Eine Frau, die untrennbar mit der Frauenbewegung der 70er Jahre verbunden ist, ist Alice Schwarzer.
Als Demonstrationstag für Frauenrechte bekommt der Internationale Frauentag seit Anfang der 80er Jahre wieder ein besonderes Gewicht, denn der neuen Frauenbewegung gelingt es, Netze zu knüpfen und Bündnisse zu schließen. Um Chancengleichheit am Arbeitsplatz, um die Verhinderung von Sozialabbau und die Beteiligung von Frauen in der Politik geht es in den Veranstaltungen der 80er Jahre. Erstmals taucht auch die Forderung nach einer innerparteilichen Quotierung auf.
Und was geschieht in Bergisch Gladbach zu dieser Zeit?
1971 findet der erste Frauentag in Bergisch Gladbach bzw. in Bensberg statt, im Saal Daubenbüchel. Das Thema des ersten Frauentages lautet „Für die Gleichberechtigung – für den Frieden in der Welt“. Die Frau, die dafür sorgt, dass der erste Frauentag in Bensberg stattfinden kann, ist Hilde Kroll. Bei Betrachtung der Forderungen, die Frauen vor 100 Jahren stellten und teilweise auch noch vor 50 Jahren stellten, ist festzustellen, dass vieles heute selbstverständlich ist und aus heutiger Sicht unvorstellbar, dass es vor nur 100 Jahren anders war. Das Recht zu wählen, zu studieren, Verträge zu schließen oder erwerbstätig zu sein, ohne dass der Ehemann einwilligen muss. Die Tatsache, dass das Recht auf Gleichstellung im Grundgesetz verankert ist, ist vor allem Elisabeth Selbert zu verdanken, die mit großem Engagement und mit Unterstützung vieler Frauen dafür gekämpft hat.
2005 wird die erste Frau, Angela Merkel, zur Bundeskanzlerin gewählt. Trotzdem, von einer echten Chancengleichheit sind wir noch immer weit entfernt. Frauen verdienen im Durchschnitt 23% weniger als Männer. Sie arbeiten viel öfter in ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen und zu Niedriglöhnen. In Folge führt dies zu Altersarmut. Fehlanzeige ist auch bei gleichen Karrierechancen zu melden. Führungsetagen der größten Unternehmen sind häufig reine Männerclubs. Dies, obwohl Frauen so gut ausgebildet sind wie nie zuvor.
Zusammenfassung: Michaela Fahner,
Gleichstellungsstelle Bergisch Gladbach, von 1989 – 2019
Es gibt noch viel zu tun!
Das, was vor 100 Jahren die Forderung nach dem Wahlrecht für Frauen war, ist heute die Forderung nach gleicher Bezahlung und gleichen Karrierechancen. Dies sind die zentralen Themen, für die sich die Finte-Frauen einsetzen.
2011 wurde in Berlin der erste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung vorgestellt. Die Vorsitzende der Sachverständigenkommission, Frau Prof. Dr. Ute Kammer, brachte die Ergebnisse des Berichtes mit einem Satz auf den Punkt. Sie sagte: „Gleichstellungspolitik ist eine notwendige Zukunftspolitik, an der niemand mehr vorbeikommt.“
Es ist höchste Zeit, dies umzusetzen.
Geschichte des Frauentages
in Bergisch Gladbach
aus der Sicht des Gründungsmitglieds von FINTE Walborg Schröder (geb. 1933)
Für mich ist der Frauentag in Bergisch Gladbach nicht vom Himmel gefallen. Eine kleine Vorgeschichte über seine Entwicklung in Bergisch Gladbach sei gestattet.
Überall in Deutschland und in der Welt begannen sich in den Aufbaujahren aktive Frauen in Parteien, Gewerkschaften und Frauenvereinen für Gleichberechtigung, gleichen Lohn für gleiche Arbeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ausbau der Kitaplätze und vieles andere mehr zu engagieren und auf die Straße zu gehen. Meine Bekanntschaft mit solchen starken Frauenpersönlichkeiten der Frauenfriedensbewegung wie der Frauenrechtlerin Frau Prof. Klara Marie Faßbinder, von uns liebevoll „Friedensklärchen“ genannt, wie Bertha von Suttner, Clara Zetkin, die den ersten Internationalen Frauentag vor hundert Jahren initiierte, oder mit der sowjetischenKosmonautin Walentina Tereschkowa und vielen anderen starken Frauen beflügelte mein persönliches Engagement für unsere und die internationale Frauenbewegung. Walentina Tereschkowa, die erste Frau im Weltall, lernte ich persönlich kennen. Sie feierte ihren 45. Geburtstag bei uns zu Hause in Schildgen. Genug tolle Frauen, um sich an ihnen ein Beispiel zu nehmen für alle Frauen in der Welt.
Ich erinnere mich an eine Ratssitzung des Stadtrates im Bensberger Rathaus. In der üblichen Bürgerfragestunde stellte ich die Frage: „Nach dem Kommunalgesetz gibt es eine Gleichstellungsbeauftragte. Ist es geplant, für die Stadt eine solche einzustellen und wenn ja, wann?“ Die Antwort des Stadtdirektors lautete schlicht und ergreifend: „Das ist eine Kann- und keine Mussbestimmung!“. Basta. Damit war die Frage erledigt. Aber für die vielen Frauen unserer Stadt nicht. Heute ist Michaela Fahner nun schon seit 1989 Gleichstellungsbeauftragte, ganz selbstverständlich! Und was hat sie in all dieser Zeit schon für uns Frauen und Mädchen bewirkt! Danke, Michaela!
Dem vorangegangen waren von 1971 bis 1985 jährliche von der DKP durchgeführte Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag im Rathaus Bensberg mit Frauen aus Kuba, Chile, der Sowjetunion, Ungarn, der DDR, Afghanistan u.a., getragen von der internationalen Solidarität der Frauen. Die Beiträge dieser Frauen über die Situation in ihren Ländern fanden solidarisches Interesse und aktive Unterstützung bei den ZuhörerInnen.
Es entstand in Bergisch Gladbach, von Michaela Fahner gefördert und unterstützt, ein Bündnis für Fraueninteressen, später in FINTE umbenannt. Ihm gehörten, einmalig für Bergisch Gladbach, viele unterschiedliche Frauengruppen an, wie die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, Bündnis 90/Die Grünen, Deutsche Kommunistische Partei, DGB, Verband für Familienfrauen und -männer, FDP, Frauen helfen Frauen e.V., Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, Gewerkschaft ver.di und andere Frauen.
Ein weiteres wichtiges Datum für Frauen ist das Jahr 1948. Da wurde der Parlamentarische Rat einberufen, um der neu zu gründenden Bundesrepublik eine Verfassung zu geben. Unter den 65 Abgeordneten waren 4 Frauen: Dr. Elisabeth Selbert, (SPD), Friederike Nadig (SPD), Dr. Helene Weber (CDU) und Helene Wessel, (Zentrumspartei). Viele Frauen kennen sie unter dem Begriff „Mütter des Grundgesetze“. Insbesondere dem Einsatz von Elisabeth Selbert und einem eindrucksvollen Protest von vielen, vielen Frauen war es zu verdanken, dass 1949 in unser Grundgesetz der wichtige Satz „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ aufgenommen wurde.
Aber, dass muss auch gesagt werden, die Gleichberechtigung im alltäglichen Leben der Frauen war damit noch lange nicht erreicht. Erst seit 1958 war es Frauen erlaubt, ein eigenes Bankkonto zu führen und das Vermögen, das sie mit in die Ehe eingebracht haben, selbst zu verwalten. Noch viel später, erst seit 1977, brauchten verheiratete Frauen nicht mehr die Einwilligung ihrer Ehemänner, wenn sie erwerbstätig werden wollten. Auch das Problem der ungleichen Bezahlung zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bundesrepublik. 1955 hat das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ verfügt. Aber sie wissen es alle, die Realität sieht bis heute anders aus.
Mitte der 90er Jahre (1994) wurde der Artikel „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ ergänzt um den Satz: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Dieser Zusatz war wiederum enorm wichtig, denn damit hat der Gesetzgeber den wirklich unmissverständlichen Auftrag, überall dort, wo Frauen benachteiligt werden, tätig zu werden. Deutlicher als mit diesem Satz kann das nicht ausgedrückt werden, darum erstaunt und entsetzt es mich auch immer wieder, dass sich das Argument „Es darf keine Frauenförderung geben, weil dann Männer benachteiligt werden.“ hartnäckig hält. Frauenförderung ist in unserem Grundgesetz verankert, und die darf es nicht nur geben, sondern die muss es sogar geben, um Benachteiligungen in den Griff zu bekommen.
Das Frauenbündnis rief anfangs die örtliche Presse mit wütenden Berichten auf den Plan. Unberührt davon leistete das Bündnis für Fraueninteressen konkrete Arbeit, führte leidenschaftliche Diskussionen und rang darum die vielen wichtigen Probleme der Frauen beim jeweiligen Frauentag in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei konnten prominente Rednerinnen gewonnen werden.
Zu einer Frauentagsveranstaltung hatten wir Frauenvertreterinnen aus den Bergisch Gladbacher Partnerstädten eingeladen, was den internationalen Charakter dieses Frauentages besonders betonte, in der Öffentlichkeit große Beachtung hervorrief und mit einem Bürgermeisterempfang seinen Höhepunkt fand. Eine litauische Journalistin aus Marijampole, Lucija Burbene, schrieb in ihrer Heimatzeitung eine spannende Reportagereihe über ihre Erlebnisse in Bergisch Gladbach.
Inzwischen hat die Veranstaltung zum Internationalen Frauentag einen festen Platz in unserem Stadtgeschehen eingenommen und viele brennende Probleme der Frauen und Mädchen auf die politische Tagesordnung gesetzt.
Ich möchte zum Abschluss unsere Finte-Mitglieder, die das Frauenbündnis stark mitgeprägt und einen wertvollen Beitrag für unsere Frauensache geleistet haben, wie Ruth Kellner, Walborg Schröder, Eva Röhrig, Helga Klaas, Gisela Hardenbicker, Lioba Böhrs, Maike Eyring, Michaela Fahner, Brunhilde Fink, Hildegard-Gitschier-Piepenbrock, Elisabeth Maaßen, Cilly Partsch, Ute Stauer und Berit Winkels, hervorheben.
Nicht müde werden und für die Frauensache noch einen Zahn zulegen!
Walborg Schröder
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